«Mottetto per San Paolino»

Puccinis Hymnus «Mottetto per San Paolino» preist den Heiligen Paulus, nach der Legende der erste Bischof von Lucca und Patron der Stadt war. Es ist Puccinis erste bekannte Komposition für Chor und Orchester. Sie wurde während seiner Studienzeit am Konservatorium in Lucca 1877 zum ersten Mal in aufgeführt». Puccini hatte an diesem Konservatorium eine fundierte musikalische Ausbildung erhalten. Auch Komposition gehörte zum Lehrplan. Jugendliche Unbekümmertheit und freche harmonische Experimente zeichnen das Werk des noch nicht Neunzehnjährigen aus. Ein marschartiges, volkstümliches Hauptthema, das vom Chor vorgetragen wird, bildet den ersten Teil. Eine Larghetto-Arie, gesungen vom Bassbariton, steht in der Mitte. Sie eröffnet dem Zuhörer eine zauberhafte Klang- und Melodienwelt, die schon an das später Genie Puccinis denken lässt. Im dritten Teil nimmt der Chor das erste Thema wieder auf. Der Schlussteil, eine finale Stretta, ist von überbordender Vitalität gekennzeichnet; ein musikalisches Feuerwerk. 

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«Missa di Gloria»

Bellinis «Missa die Gloria» in a-Moll» entstand im Jahr 1821. Er war gerade mal zwanzig Jahre alt. Und er war mitten im Studium in Neapel, das ihm von sizilianischen Adeligen ermöglicht wurde. Als Gegenleistung musste Bellini einige Werke für die Kirche von Catania komponieren. Entstanden unter  andern diese typische Belcanto Messe mit vielen berauschenden Solistenparts, zündenden Chorstellen und verspielten Instrumentensoli. Sie enthält viele ausgesprochen schwierige, opernhafte Sopran-, Tenor- und Bassparts! Das ganze Werk klingt nach grosser italienischer Oper des 19. Jh. Das rund 50 Minuten dauernde Werk ist eine sehr kurzweilige Angelegenheit. Auch wenn die Komposition als Jugendwerk zu betrachten ist, zeugt alles von bereits erstaunlicher Reife. Es sind erstaunliche Anklänge an Passagen in seinen späteren grossen Opernkompositionen «Norma» und «I Puritani» zu erkennen. Obwohl das Werk in Catania öfters aufgeführt wurde, geriet es schnell in Vergessenheit. Bis heute existieren davon nur handschriftliche Abschriften.

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Bellini vs. Puccini

Bellinis Musik ist geprägt von langen, fließenden Melodien, die oft von virtuosen Koloraturen und Verzierungen begleitet werden. Sie ist von einzigartiger melodischer Schönheit und Einfachheit. Bellinis Kompositionen zeichnen sich durch ihre lyrische und gefühlvolle Natur aus, die von Leichtigkeit und Eleganz geprägt ist. Bellini war ein Meister der Belcanto-Tradition, einer Gesangstechnik, die auf der Schönheit und Ausdruckskraft der menschlichen Stimme basiert. Das Besondere an Puccinis Musik ist ihre emotionale Intensität und ihre Fähigkeit, die Gefühle und Leidenschaften der Charaktere in seinen Werken auszudrücken. Wie Bellini war Puccini ein Meister der Melodie. Er schuf eingängige und mitreißende Musik, die oft von starken emotionalen Ausbrüchen geprägt ist. Seine Musik ist auch für ihre dramatische Wirkung bekannt, die durch ihre orchestralen Farben und ihre Fähigkeit, die Handlung voranzutreiben, verstärkt wird.

Die Musik der beiden Komponisten unterscheidet sich auf verschiedene Weisen. Puccini verwendet oft komplexe Harmonien und eine reiche Orchestrierung, um die Emotionen und Stimmungen seiner Werke zu verstärken. Bellini hingegen setzt eher auf einfache Harmonien und eine zurückhaltende Orchestrierung, um den Fokus auf die Gesangsstimmen zu legen. Puccini verwendet oft komplexe musikalische Strukturen, um die Spannung aufzubauen. Bellini hingegen setzt eher auf lange, ausdrucksstarke Arien, die die Emotionen der Figuren zum Ausdruck bringen. Insgesamt ist Puccinis Musik dramatischer und emotionaler, während Bellinis Musik eleganter und lyrischer ist.

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Die vergessenen Schätze

Seit über dreissig Jahren ist es mir ein Anliegen, vergessene oder wenig bekannte Kompositionen grosser Meister zur Aufführung zu bringen. Die Musikgeschichte ist reich an grossen Komponisten, deren Werke bis heute die Herzen der Menschen berühren. Namen wie Beethoven, Mozart, Bach, Händel, Chopin oder Verdi sind jedem Musikliebhaber vertraut. Doch neben ihren bekannten Meisterwerken gibt es auch eine Vielzahl von unbekannten Werken, die oft aus ganz verschiedenen Gründen im Schatten der berühmten Stücke stehen. Diese verborgenen Schätze bieten eine spannende Möglichkeit, die musikalische Vielfalt und Kreativität der Komponisten zu entdecken. Im diesjährigen Konzertprogramm präsentieren wir unserem Publikum gleich zwei solche verborgenen Perlen der Musikgeschichte.
(Donat Maron, künstlerische Leitung)